Bienenzuchtverein Mülheim a. d. Ruhr (1955 - 1971)

Umschlag: Bienenzuchtverein Mülheim a. d. Ruhr, 1955 - 1971

Die detaillierten „Berichte über die Versammlungen des Vereins für Bienenzucht Mülheim a. d. Ruhr“ - so hieß der Vorläufer des heutigen Imkervereins Mülheim an der Ruhr e. V. - beginnen im November 1955 und enden mit der 286. Seite am 3. Oktober 1971. Einige Protokolle fehlen wegen Krankheit des Schriftführers.

Neben regelmäßigen Einträgen über Berichte des Kreisverbandes oder der Ehrung verstorbener Imker (auch damals war die Überalterung der Imkerschaft ein bekanntes Phänomen) lässt sich an den Niederschriften vor allem der Lauf des Bienenjahres gut ablesen. Daran hat sich bis heute (natürlich) nichts geändert.
Den größten Teil der Berichte nehmen interne Aufzeichnungen ein, zum Vereinsvermögen, finanzieller Förderung von Jungimkern oder die Bezuschussung von Fahrten. Detaillierte Aufzeichnungen der damals gehaltenenen Vorträge lassen sich leider nur selten finden. Einige interessante Angaben finden sich aber dennoch, die häufig den Wandel der Zeit belegen, vor allem den allzu großzügigen Gebrauch von chemischen Mitteln - in der gesamten Landwirtschaft.

Aufschlussreich sind Notizen, die aufzeigen, dass bereits im Jahr 1956 bekannt war, dass Honig bei Erhitzung über 40 ° C eine Vielzahl der enthaltenen Vitamine und Enzyme verliert.
1956 herrschte eine Maikäferplage in Süddeutschland, die per Hubschrauber mit einem Insektizid namens „Systax“ bekämpft wurde, was die Gemüter der Imker erregte, obwohl das Mittel angeblich Bienen-freundlich sein sollte. Zeitgleich erhielten die Imker gegen die Behandlung von Parasiten ein Quecksilberpräparat, das mit Vorsicht anzuwenden sei.

Ansonsten mussten die Völker der Mülheimer Imker über den Jahresverlauf starken Hunger leiden. Über das Ergebnis einer Reizfütterung vor Beginn der Lindenblüte geben die Berichte keinen Aufschluss, wohl aber, dass seinerzeit Millionenbeträge als Hilfen in die Landwirtschaft flossen und davon auch die Imker gerne einen kleinen Anteil abbekommen hätten. Ein Imker gibt infolge der Witterung seine Völker auf.
Immerhin konnten Anträge auf eine Zuckersteuerermäßigung für zehn Kilogramm pro Volk gestellt werden. Diese Bezuschussung gab es noch auf Jahre hinaus.

Im Folgejahr nahm man an einer Plakataktion für den Natur- und Bienenschutz zur Aufklärung der Kleingärtner teil und hielt einen Informationsabend zur Ameise ab. Der Schutz der Waldameisen ist bis heute in der Vereinssatzung verankert.
Eingesetzt wurde das damals zugelassene Fumidil gegen Nosema. Während die Verwendung des Antibiotikums inzwischen längst verboten ist, wird es beispielsweise in den USA noch immer eingesetzt.

Im Jahr 1958 fand der Besuch bei einem Großimker mit 140 Völkern in Kettwig statt; auch sonst war man recht mobil. Jungimker wurden damals zur Schulung nach Mayen geschickt, während heute Fortbildungen im näheren Umkreis kein Problem mehr sind. Zur Nachwuchsförderung wurden Subventionen gewährt: 75 % für Schüler und Lehrlinge, gefolgt von 60 % für Vertriebene und Flüchtlinge.

1961 erwies sich als nächstes trachtschwaches Jahr. Im Juni konnte noch kein Eintrag für den Raum Dümpten vermerkt werden, während für 1963 gute Ergebnisse durch die Wanderung in den Raps erzielt werden konnten.

Im gleichen Jahr versuchte man, Interesse für die Bienenzucht vor allem an den hiesigen Schulen zu wecken. Beschäftigt wurden die Imker aber vor allem von der Polizei, die überdurchschnittlich zum Einfangen von Schwärmen rief. Im kommenden Jahr führte dies zur Einteilung des Stadtgebietes in Reviere, damit Schwärme schneller gefangen werden konnten.

Für den Winter 1963/64 wurden unterschiedliche Verfahren zur Wärmeisolierung der Beuten in der kalten Jahreszeit diskutiert. Zur anschließenden Wanderung in den Raps ist notiert, dass „in den Ratinger Bezirk unwahrscheinlich große Schwierigkeiten bürokratischer Art zu überwinden“ seien, die „man schlechthin als Schikane des dortigen Kreisvorsitzenden bezeichnen kann“.
Positiv vermerkt sind dagegen die ersten Erfahrungen mit der Hohenheimer Beute. Die Dezemberversammlung schloss das Jahr mit einem traditionellen Filmabend - wohlgemerkt - zusammen mit den Imkerfrauen.

1965 wurden wegen auftretender Seuchen die Vorschriften für die Wanderung deutlich verschärft, was von den Imkern missbilligend zur Kenntnis genommen wurde.

Betrug der Jahresbeitrag zum Ortsverein bis dato noch 1,50 DM, wurde er im Jahr 1966 auf 2,25 DM erhöht. Im gleichen Jahr fand eine Studienreise mit dem Kreisverband nach Luxemburg statt.

1967 wurde ein motorisierter Bücherwart ernannt, der die Vereinsbibliothek zu jeder Versammlung mitbrachte. Zur Sprache kam auch das „Problem der Verjüngung des Vorstandes des Rheinischen Landesverbandes“. Im eigenen Verein sah es aber nicht viel besser aus: Zwei Jahre zuvor verstarb der erste Vorsitzende. Der zweite Vorsitzende war so betagt, dass er das Amt aufgab.

Zu einem Bienenfrevel kam es während des Urlaubs eines Imkers. Ein unbekannter Täter vergiftete dessen Völker allesamt mit DDT. Zwei Jahre später stand das Thema erneut auf der Tagesordnung: DDT in der Umwelt wurde als größte Gefahr für Mensch und vor allem Bienen wahrgenommen. Herstellung und Vertrieb von DDT sind in der Bundesrepublik Deutschland erst mit dem 1. Juli 1977 verboten worden.

Im Jahr 1968 diskutierten die Imker über die Schädigung von Bienen und Missbildungen bei Königinnen durch Lindennektar. Dass dies wissenschaftlich unbegründet war, zeigten Untersuchungen, die erst Jahre später vorlagen (siehe dazu beispielsweise „Hummelsterben im Nektarloch“).
Zur Verhütung von Nosema wurden Beigaben von Ascorbinsäure oder Zitrone ins Winterfutter empfohlen. Das Fungizid Chinosol soll sich ebenfalls gegen Mangelerkrankungen bewährt haben.

Im Folgejahr wurde die neue Beute von Golz vorgestellt und erregte einiges Aufsehen.

Mit einem letzten Eintrag im Jahr 1971 schließen die Berichte. Der Beitrag zum Ortsverein betrug damals 3,00 DM. Wenig erfreulich war damals die Vernichtung von Unterwuchs - einer guten Bienenweide - in den heimischen Wäldern durch Spritzmittel.

Das Buch mit den Berichten über die Versammlungen des Vereins der Jahre 1955 - 1971 wurde in das Stadtarchiv abgegeben. Es ist registriert im Findbuch unter der Nummer 3006/13 und kann dort eingesehen werden; beim Verein liegt es zudem in digitalisierter Form vor.