Flotte Bienen im deutschen Recht

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind nicht nur wirklich wichtige Dinge des Privatsrechts geregelt, wie der Laie leichtfertigt glauben mag. Von mehr als Paragrafen des BGB sind einige sogar den Bienen gewidmet – sozusagen deutsches Bienenrecht.

Im § 961 BGB wird explizit der Eigentumsverlust bei Bienenschwärmen geregelt: „Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigentümer die Verfolgung aufgibt.“ Der Imker muss seine ausgebüchsten Bienen – einzelne Exemplare zählen übrigens nicht dazu – ohne schuldhaftes Verzögern nach Kenntnis über deren freiwilligen Auszug verfolgen. Wenn die Mädels ein weiter entferntes Ziel ausmachen, muss der Imker eine gute Kondition besitzen. Imker, die ihre Fitness das ganze Jahr trainieren, sollten während der Schwarmzeit keine Probleme damit haben.
Im weiteren Verlauf des BGB sind glücklicherweise noch einige unbedeutende Details mehr geregelt. Denn auf seiner Verfolgungsjagd darf der Imker sogar fremde Grundstücke betreten – bis er sie wieder einfängt, seine Bienen. Wer weniger konditionsstark ist, kann natürlich auch warten, bis ihn aufgescheuchte Nachbarn anrufen, bei denen ein Schwarm gelandet ist. Wenn der Schwarm dort – ohne Verfolger – eintrifft, ist er herrenlos und der Imker kann deutlich bequemer neuer Eigentümer werden oder bleiben.

Erfahrungsgemäß gehen Bienenschwärme durchaus in einem relativ engen Zeitfenster ab. Insofern hat sich der Gesetzgeber vielleicht wirklich etwas dabei gedacht, dass auch die Vereinigung von Bienenschwärmen unterschiedlicher Imker geregelt werden muss.
Sollten sich – in der Natur denkbar selten, solange beide Schwärme einer Königin folgen – tatsächlich einmal Schwärme vereinigen und die Imker des jeweiligen Teil-Schwarms haben sich von den Bienen und anderen Widrigkeiten bei der Verfolgung nicht abschütteln lassen, so werden sie Miteigentümer des eingefangenen Gesamtschwarms. Die Eigentumsanteile bemessen sich dabei aber nicht nach der Größe des Schwarms und der Anzahl seiner Bienen, sondern ausschließlich nach der Zahl der verfolgten Schwärme. Treffen zwei Schwärme mit gleicher Sympathie füreinander aufeinander und machen künftig gemeinsame Sache, so gehört jedem Imker der Gesamtschwarm zu Hälfte. Hat ein Imker die Verfolgung aufgegeben, so geht er leer aus und sein Imkerkollege darf sich freuen.

Wenngleich einige Juristen das deutsche Bienenrecht im BGB einmal mehr als Beweis dafür sehen dürften, dass hier zu Lande rechtlich so einiges überreguliert ist, sollte man das Bienenrecht vielmehr der historischen Bedeutung der Bienenhaltung in Deutschland zurechnen. Schließlich gab es im Jahr 1913 noch 2,3 Mio. Bienenvölker im damaligen Deutshen Reich, viele davon auch in Wohngebieten. Natürlich erscheinen die Regelungen überflüssig – in der Literatur finden sich zumindest im Laufe der letzten Jahre keine Urteile zu der Spezialgesetzgebung. Das Bienenrecht im BGB wird in der Rechtslehre gemeinhin sogar als der unbedeutendste Regelungskreis des deutschen Privatrechts bezeichnet. Eigentlich ein Grund zur Freude, scheint doch auch der moderne Mensch mit den Bienen gut zurecht zukommen. Und immerhin macht sogar das BGB Werbung für Bienen – und das in schwierigen Zeiten für Bienen und Imkerei.